Kampfkunst und Zeit
Eines Tages wurde die Meisterin von einer Schülerin gefragt: „Sensei, wie lange dauert es eigentlich bis ich den Schwarzgurt machen kann?“ „10 Jahre mindestens“, antwortete die Sensei.
„O, das ist lange! Und wie lange dauert es, wenn ich doppelt so viel und doppelt so hart trainiere wie alle anderen?“ „20 Jahre“, antwortete die Sensei.
„Und wenn ich aber jeden Tag ohne Ausnahme trainiere, so viele Stunden wie es nur geht - wie lange dauert es denn dann?“ „Mindestens 40 Jahre.“
Aber Sensei, wie kommt es, dass es immer länger dauert, je mehr ich mich bemühe? „Wenn ein Auge auf das Ziel gerichtet ist, bleibt nur eines, um den Weg zu sehen.“
So die Sensei.
Saskia Schottelius: Do - Der Weg zur inneren MeisterIn. KampfkunstPhilosophie fürs Leben. Tao-Verlag 2015.
"Der Do als Weg der Selbstvervollkommnung öffnet sich langsam, aber von selbst. Dies geschieht über die gelebte Praxis der Dojokun oder Dojo-Etikette in Form von Respekt, Toleranz, Achtsamkeit, Hingabe, Aufmerksamkeit, Liebe und Demut. Das Feld von ethischen Grundsätzen begleitet die Karateka auf unmerkliche Art und strahlt über das Dojo hinaus. Wer noch nicht bereit ist für diese Erfahrung, wird vielleicht einfach nur ein gutes körperliches Training in Fitness wie Selbstverteidigung erleben. Wer aber offen ist für den Weg, wird dies alles spüren und erkennen und möglicherweise das Dojo selbst als Mikrokosmos begreifen, in dem alles enthalten ist und alles gespiegelt wird, damit wir darin üben können."