Kompetenztraining für Frauen von Schwarzgurt-Managerin Dr Saskia Schottelius: Kommunikation + Kampfkunst für Führung, Karriere, Resilienz, Rhetorik  u. Charisma
 

Lokalzeit aus Bonn | 26.08.2020

Lokalzeit aus Bonn 26.08.2020 29:21 Min. Verfügbar bis 02.09.2020 WDR

Themen: Zeltmensa an der Uni Bonn | Corona in Sankt Augustiner Seniorenheim: Wochen danach | Kompakt I | "Catcalling": Sexuelle Belästigung auf der Straße | Studiogast: Saskia Schottelius, Coach für Selbstverteidigung und Empowerment für Frauen | im Gespräch mit Sonja Fuhrmann, WDR

 

 

Aktuelles

Hier finden Sie Neuigkeiten aus dem Sonderforschungsbereich "Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik": Zusammenfassungen aktueller Forschungsergebnisse, Hinweise auf Veröffentlichungen, Ergebnisse von Veranstaltungen und weiteres aus den Teilprojekten.

 

24.10.2019

"Häufig ist man zu hart mit sich selbst"

 

Johanna Fischer und Kristin Noack berichten über ihre Erfahrungen in einem Präsentationsworkshop, der sich speziell an Frauen in der Wissenschaft wandte.

Ende September hat Saskia Schottelius am SFB 1342 ihren 2-tägigen Workshop "The Art of Self-Presenting for Female Scientists" angeboten. Warum habt ihr euch entschieden, daran teilzunehmen?

Kristin Noack: Mich hat der Kurs interessiert, weil Präsentationen nicht eben meine liebsten Situationen sind. Und ich fand es besonders schön, dass sich der Kurs speziell an Frauen gerichtet hat, denen es ähnlich geht.

Johanna Fischer: Präsentationen sind ein wichtiger Bestandteil unserer wissenschaftlichen Arbeit. In Kleingruppen fühle ich mich dabei ganz wohl, in größeren Räumen aber, in denen ich das Publikum nicht genau kenne, bin ich manchmal nervös. Insofern hatte ich das Gefühl, dass ich in dem Kurs viel lernen oder auch bestimmt Dinge abstellen kann, die sich eingeschlichen haben.

Was hat die Trainerin mit euch gemacht in den zwei Tagen?

Fischer: Wir haben uns zu Beginn auf Sprache konzentriert und darauf geachtet, positiv zu sprechen. Wir haben zum Beispiel eine Übung gemacht, wo wir zu jedem Buchstaben des Alphabets Adjektive aufschreiben sollten, die man positiv auf starke Frauen anwenden kann. Das haben wir später noch einmal reflektiert, um uns Stärken bewusst zu machen. Dann haben wir viele Übungen zum Sprechen gemacht. Wir mussten unserem Gegenüber verschiedenen Dinge präsentieren - da ging es um verschiedene Sachen: z.B. wie man bewusst anfängt, oder ums Zeitmanagement. Andere Themen waren Körpersprache und Stimmübungen, vor allem, wie man seine Stimmlage findet.

War das schon speziell auf Frauen abgestimmt?

Fischer: Bei den Stimmübungen nicht. Aber wir haben uns auch mit dem Imposter Syndrome beschäftigt. Laut Umfragen fühlen sich Wissenschaftlerinnen und weibliche Führungspersonen viel häufiger und stärker als Hochstaplerin, sie schätzen ihre Kompetenzen nicht so positiv ein und achten eher auf Defizite. Obwohl niemand zu 100 Prozent perfekt sein kann, nehmen Frauen es häufig so wahr, dass sie es trotzdem sein müssten für ihren Job. Männer denken häufig: Ich kann es nur zu 60 Prozent, aber das ist okay. Über solche Dinge haben wir geredet, auch über dominantes Redeverhalten in Gruppen.

Noack: Am zweiten Tag hat fast jede von uns eine Präsentation gehalten. Die Zuschauerinnen mussten jeweils auf bestimmte Dinge achten und dazu Feedback geben. Und das Feedback, so war es vorher abgesprochen, sollte sich vor allem auf die positiven Aspekte konzentrieren, aber trotzdem ernsthaft und aufrichtig sein. Im wissenschaftlichen Kontext fokussiert man sich so häufig auf die negativen Sachen, und das fördert dann natürlich bestimmte Unsicherheiten. Insofern war es ermutigend, auch mal positive Sachen über unsere Präsentationsweise gespiegelt zu bekommen. Am zweiten Tag haben wir außerdem noch Meditationsübungen und etwas Tai Chi und Qigong gemacht.

Welche der Inhalte haben euch am meisten gebracht? Welche wollt ihr versuchen umzusetzen?

Fischer: Ganz konkret hilfreich war die sogenannte Pre-Introduction, als es um die Struktur einer Präsentation ging. Am Anfang hört das Publikum oft gar nicht richtig zu, weshalb ein kurzer Einstieg in den Vortrag , z. B. mit etwas Allgemeines zu dem Thema oder eine Anekdote, hilfreich sein kann. Das werde ich bei meiner nächsten Präsentation versuchen einzubauen.

Noack: Wir waren eine sehr gemischte Gruppe: ein paar Frauen aus dem SFB, aber auch welche aus dem marum und von der BIGSSS mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Schwerpunkten. Ich fand es sehr empowernd, in so einer Runde zu sein. Wir waren so unterschiedliche Wissenschaftlerinnen, aber es gibt Themen, die uns alle beschäftigen. Und eine gute Wissenschaftlerin zu sein, kann unterschiedliche Sachen bedeuten. Was ich versuche, konkret mitzunehmen, ist, mehr darauf zu achten, was gut läuft, denn häufig ist man auch zu hart mit sich selbst. Da hat mir der Workshop einige Anregungen gegeben.

Habt ihr auch über Unterschiede zwischen Männern und Frauen gesprochen?

Fischer: Wir haben über das Redeverhalten gesprochen. Viele Männer meinen in Diskussionen etwas zu sagen zu haben und sich melden zu müssen, auch wenn sie selbst keine Experten für das Thema sind. Wir haben dann aber auch gesagt, dass wir als Frauen das nicht unbedingt kopieren wollen.

Noack: Die meiste Zeit ging es auch nicht darum, Stereotypen zu reproduzieren, sondern uns selbst und unser Verhalten zu reflektieren. Und gewisse Dinge selbst auszuprobieren und zu üben. Während des Workshops standen wir als Wissenschaftlerinnen im Fokus.

https://www.socialpolicydynamics.de/ueber-den-sfb/aktuelles?news=121#

 

 

 

"Ausgelassen Karneval feiern und dabei auf Nummer sicher gehen."

Saskia Schottelius im Interview mit Judith Schulte-Loh im WDR 5 Morgenecho vom 04.02.2016

 

 

 

„Sei frei, wo immer Du bist“ oder „Bewege deinen Körper und lebe einen achtsamen Geist!“ Do – Der Weg zur inneren MeisterIn. KampfkunstPhilosophie fürs Leben.Do_Cover_Chikara

 Veröffentlicht am 21. Oktober 2015,

 

 

Saskia Schottelius hat im TAO-Verlag ihr neuestes Buch “Do – Der Weg zur inneren MeisterIn. KampfkunstPhilosophie fürs Leben.” veröffentlicht. Herausgegeben wird es von Chikara-Frauen in Bewegung e.V. und ist mit wunderschönen Illustrationen von Antje Meister versehen.

Am 20.11.2015 ab 19:00 ist Saskia Schottelius zu einer Buchpräsentation/Lesung bei 3 schätze zu Gast. Im Vorfeld habe ich ein Interview mit Saskia Schottelius geführt.

 

 

3 schätze: Liebe Saskia, ich freue mich, dass Du Dein neues Buch “Do – Der Weg zur inneren MeisterIn. KampfkunstPhilosophie fürs Leben.” demnächst in einer Lesung bei 3 schätze vorstellen wirst und über die Gelegenheit für dieses Interview.

Bevor wir über das Buch sprechen, was bedeutet CHIKARA?

Saskia Schottelius: Lieber Patrick, ich freue mich auch sehr und danke dir für diese schöne Gelegenheit, mich mit meiner Arbeit und meinen Gedanken präsentieren zu dürfen. „Chikara“ bedeutet „innere Kraft“, „Lebensenergie“, und ist der Name der Kampfkunstschule, die ich vor über 20 Jahren ins Leben gerufen habe. Du kannst es auch als Verbindung von Tai CHI und KARA te lesen und triffst damit gleich den Kern unserer Arbeit: die Verbindung von fernöstlicher Energiearbeit und japanischer Kampfkunst.

Kyudo3 schätze: Du schreibst, dass sich Dein neues Buch an all jene wendet, die über fernöstliche Bewegung und deren buddhistisch fundierte Philosophie zu sich selber finden und über sich selbst hinaus wachsen möchten. Gleichzeitig geht es dabei um ganz praktische Techniken und Grundgedanken in einer FrauenKampfschule. Erzähl uns doch ein wenig über Deine Verbindung dieser beiden Wege, also Kampfkunst und Meditation bzw. buddhistischer Philosophie.

Saskia Schottelius: „Frauenkampfschule“ finde ich gut! In der Einleitung meines Buches gibt es eine kleine Stilkunde zum Shuri-Ryu-Karate und wie es von Okinawa über die USA und die Niederlande bis nach Bonn gekommen ist. Unterwegs hat es dann die „feministische Wende“ genommen, was bedeutet, Frauen haben sich dieses Stils bemächtigt, um ihren eigenen Interessen wie „Wehrbarkeit“ und „Sichtbarkeit“ Raum zu geben. So gesehen ist aus der Schule, die den „Frauenkampf“ der 70er beflügelt hat, eine Frauenkampfkunstschule geworden: Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Persönlichkeit von Frauen, Kindern und Jugendlichen, um sich im Leben friedvoll behaupten zu können. Dabei ist der Geist dieser Schule ein anderer als der von Kampfsportschulen, die sich um Themen wie „Wettstreit“, „Aggressionsabbau“ oder „Abhärtung“ drehen. Die weibliche Seite der Kunst ist eine ganzheitlich stärkende, motivierende und friedfertige, wie ich sie unter anderem im Werk von Thich Nhat Hanh ausgedrückt finde. Deshalb war es mir so wichtig, ein Buch über Frauenkampfkunst zu schreiben, bevor diese wieder aus dem Blick gerät oder ganz verschwindet.

3 schätze: Erläutere doch bitte „Dokan, der Weg ist ein Kreis“ und die Wichtigkeit des „Anfängergeist“ im Karate.

chikara_kreisSaskia Schottelius: Der Enso, der Kalligraphiekreis auf dem Umschlag meines Buches, deutet auf die Philosophie des „Dokan“: der Weg ist ein Kreis. Das hat mich am Beginn meines Karate-Weges am meisten fasziniert – stand es doch in direktem Gegensatz zu meiner (geradlinigen) Karriere als Wissenschaftlerin, der ich gerade nachjagte – oder vielmehr vorausjagte! Das machte mich zwar erfolgreich, aber nicht entspannt und zufrieden. In der Kampfkunstwelt erlebte ich etwas anderes. Immer wieder stand ich ganz am Anfang mit meinem Erlernten – ganz gleich, wie viel ich mich auch bewegte und bemühte. Aber nach und nach wich das Bedauern darüber. Eine neue Gurtfarbe macht keine Gehaltserhöhung – ist also aus Sicht unserer Gesellschaft nutzlos. Der Sinn liegt nur in deiner eigenen Entwicklung von Leichtigkeit, Großzügigkeit, Demut, Gelassenheit und Geduld, nicht aber in einem messbaren Wert. Und wenn du begreifst, dass das eigentliche Lernen erst mit dem Schwarzgurt beginnt, kommst du der Idee vom „voll-kommenen“ Kreislauf schon sehr nahe.

In meinem Buch finden sich viele asiatische Anekdoten, die bringen das wunderbar auf den Punkt: „Leere deine Schale“ gegen unser „Immer-bereits-wissen“ oder die Geschichte vom Fischer, die als „Anekdote zur Senkung de Arbeitsmoral“ durch Heinrich Böll berühmt wurde, oder die Parabel vom „Schwarzgurt werden“ anstelle von „Schwarzgurt sein“ – sie alle und viele mehr zeigen uns einen guten Weg weg vom Erfolgsdenken.

„Verändere Deine Sprache und Du veränderst Deine Welt!“

3 schätze: Ein Kapitel Deines Buches beschäftigt sich auch mit Achtsamer Kommunikation. Du hast „Kommunikationsforschung und Phonetik“ studiert und bietest auch Rhetorikseminare an. Aus einem Karate-Dojo kennt man vielleicht eine eher einseitige und auch hierarchische Kommunikation, in Form von Kommandos etc. Was ist die Sprache Deines/Eures Dojos bei CHIKARA?

Saskia Schottelius: Ja, die Sprache. Das ist natürlich meine ganz persönliche Leidenschaft. Mir ist im Laufe meines Lebens immer bewusster geworden, wie essentiell uns die Sprache prägt, und wie wichtig es ist, sich einer positiven, unterstützenden Sprache sich selbst und anderen gegenüber zu bedienen. Und wir können uns wirklich „bedienen“: die Sprache hält viele schöne Möglichkeiten bereit, ohne dass wir in Schönrednerei enden müssen. Es kommt immer vor allem auf die Perspektive an. Benenne ich meine Stärken oder meine Schwächen? Das was ich benenne, wird an Raum gewinnen und mich in meinem Leben dominieren. Diese Erfahrung mache ich auch in meiner Arbeit als freie Dozentin überall: ob mit Polizistinnen, PromovendInnen oder PolitikerInnen – alle sind sich vor allem ihrer Defizite bewusst. Und das Ganze wird verstärkt durch die vielen alten Muster, in denen wir denken und leben und die durch die Sprache in Form von Redensarten und Sprichwörtern konserviert werden. Doppelte Negationen anstelle von Lob, Unglücksperspektiven und Peinlichkeiten werden uns von klein auf eingetrichtert: „nicht von schlechten Eltern“, „wer einem eine Grube gräbt…“, „Eigenlob stinkt“ usw. Erst wenn wir anfangen, eine andere Sprache zu sprechen, können wir uns von dieser Macht befreien.

Eine andere Sprache können wir tatsächlich gut im Dojo üben. Das machen wir so bei „Chikara“. Am Ende der Stunde denken wir uns in der Meditation ein motivierendes Mantra („ich bin schön, ich bin stark, ich kann das“) und wir wertschätzen uns in der Abschlussrunde einmal selbst anstatt uns für unsere schlechte Kondition/ Koordination oder anderes zu rügen. Kleine Schritte, große Wirkung.
Ein paar ganz praktische Übungen dazu finden sich im Buch. Achtsame Sprache im Dojo heißt auch ganz konkret, dass die Unterrichtenden gendersensible Sprache sprechen, denn „erst wenn Frauen in der Sprache in Erscheinung treten, sind sie der Rede wert!“

ButohUnd damit sind wir beim noch weiter reichenden Konzept von „Körper – Sprache in Bewegung“…

3 schätze: Was genau ist damit gemeint?

Saskia Schottelius: Unsere Körperhaltungen verraten sehr viel über das, was uns im Leben bewegt. In meinen Seminaren und Kursen gibt es immer Einheiten wie die Taoistischen Gesundheitsübungen aus dem Qigong, durch die ich ganz viel von meinen TeilnehmerInnen erfahre.
Das ist natürlich ein großer Vorteil, vor allem wenn wir am überzeugenden Selbstausdruck arbeiten. Verändere ich die Körperhaltungen, verändere ich oft auch den Geist, der sich dahinter verfestigt hat. Also eine Ermüdung, eine Überforderung, eine große Zurückhaltung, dies alles und vieles mehr erscheint oft als hochgezogene Schultern, vorgeschobene Köpfe oder runde Rücken. Viele Frauen und auch Kinder machen so den ersten Schritt aus einer Opferrolle heraus.

Wenn wir noch eine Dimension tiefer gehen, kommen wir zu so gewagten wie auch einleuchtenden Thesen, dass Informationen durch Wasser übertragen werden können, Körper und Sprache der Botenstoff menschlichen Daseins sind und bestimmte Muster von Bewegungen universelle Strukturen widerspiegeln. Auch von diesen ominösen Dingen handelt mein Buch. Wichtig ist mir immer die Verbindung von Philosophie und Praxis: Was nützt mir diese Einsicht oder Idee für meinen Alltag und wie kann ich das, was ich im Dojo lerne, umsetzen.

3 schätze: Dein Verständnis, das Dojo als einen Ort von Beziehung, also der Begegnung und weniger der Konkurenz, ja sogar als Abbild des gesamten Kosmos zu sehen, deckt sich sehr mit dem, wie wir die Übung in einem Zen-Dojo sehen. Wie wichtig ist für Dich die Form, die Regeln in einer solchen Gemeinschaft?

Saskia Schottelius: Die Dojo-Etikette ist ein ganz wesentlicher Bestandteil einer Weg-Kunst. Indem wir uns verneigen, Gegenstände mit Respekt behandeln, uns uni-form kleiden (also ohne Statussymbole erscheinen) und im wesentlichen schweigen, üben wir uns in „rechter Achtsamkeit“, der zentralen Prämisse und Praxis aller Wegkünste.

Und es gibt ja so viele wunderschöne Wege neben Zazen und Kampfkunst, wlogo_chikaraie zum Beispiel den Teeweg, den Weg des Pinsels, den des Blumensteckens oder des Bogenschießens. Immer geht es darum, die vollkommene Aufmerksamkeit im Augenblick zu „atmen“ – und das bedeutet am Ende Freiheit. Von Plänen, Ärgernissen , Zielgerichtetheiten, Gier, von Sein-Wollen und Sein-Sollen, von eigenen und fremden Erwartungen usw.

Wenn wir erst einmal erlebt haben, dass sich das Gleichgewicht des Kosmos viel besser erhalten und regulieren kann, indem wir nicht eingreifen, bleibt uns faktisch ganz viel Stress erspart. Wir brauchen unseren Geist nur offen zu halten und dürfen die Dinge einfach kommen lassen. Die Mechanismen des „Wuwei“, des Handelns durch Nichthandeln, haben ihre eigenen Gesetze. Und wenn ich, wie im Dojo, lerne, meiner Intuition zu folgen, kann ich mich mit diesen viel besser verbinden.

3 schätze: Welche Rolle hast Du als Sensei in diesem System?

Saskia Schottelius: Ja, da übe ich natürlich genau so wie alle anderen in einem Dojo, einem Ort des Weges. Sensei heißt wörtlich „nur“ diejenige, die den Weg vorausgeht, also nichts Besseres, sondern einfach länger unterwegs. Die größte Herausforderung ist für mich tatsächlich nicht einzugreifen. Wenn Konflikte in mir aufsteigen oder sich bei anderen zeigen, übe ich mich in „weiser Zurückhaltung“. Die Kämpferin in mir, die gerne auf die Barrikaden geht, will jedoch etwas anderes. Das finde ich natürlich schwierig.

Am deutlichsten wird das vielleicht am Beispiel Gewalt. Meine Lebensefahrung ist, dass du größte, auch körperliche Gewalt mit Gewalt beantworten und in seine Schranken weisen musst, damit sie nicht die totale Macht erhält. Ich möchte aber keine Gewalt anwenden. Inzwischen halte ich es für das Beste, sich dem Negativen möglichst zu entziehen und dem Positiven so viel Raum zu geben, dass es an Einfluss und Dimension gewinnt. Resiliente Menschen, also solche mit besonderer innerer Widerstandskraft, helfen sich in Gefahrensituationen mit der Kunst, den Geist zu lenken – wie in einem Dojo auch. Mit jedem Kiai, dem Kampfschrei oder Atemstoß auf dem Höhepunkt einer Aktion, und jeder Kata, also Kampfform gegen imaginäre Gegner, verbinden wir uns mit einer Kraft, die weit über uns selbst hinausreicht. Das ist nicht nur Chi-Energie, das ist auch die Kraft positiver Visionen.

Oder liebevoll gesprochen: Wenn du ein Kind von schreiendem Schmerz oder Ärger befreien möchtest: „Schau mal, da hinten der Schmetterling, der hat ja ganz goldene Flügel!“ Und schon öffnen sich unsere Herzen mit einem Lächeln.

3 schätze:…lächelt… :-)

Saskia Schottelius: …lächelt auch … So gesehen versteht sich doch unser Schluss-Satz wie von selbst…

„Ein gutes Kampfkunsttraining ist, auf diese Weise und als Wegkunst betrachtet, ein Beitrag zum Frieden auf dieser Welt“.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in 3-schaetze, Kurz-Interviews, Veranstaltungen und verschlagwortet mit , , , , , , , von Patrick Damschen. Permanenter Link zum Eintrag.
 

 

 

Do - Der Weg zur inneren MeisterIn

Autorin: Barbara Fischer

 

Der Weg zur Sensei beginnt für Saskia Schottelius völlig harmlos, als sie 1993 neben ihrer Promotion und nach einer Ausbildung zur Mental-Trainerin mit dem Karate Training startet. Sie merkt durch den Sport und den Blick über ihren Tellerrand, in welchen Strukturen sie gefangen ist während ihres Studiums:

sitzen, Kaffee trinken, essen, rauchen, lesen, schreiben… Dann 5 Jahre Einzelhaft für die Promotion. Und irgendwann dachte ich, es ist so ein abtötender Prozess dieses Intellektuellendasein, das wir hier in unseren westlichen Kreisen führen, ich möchte daran nicht mehr teilhaben. Und ich habe gemerkt, ich möchte auch als Frau an der Uni nicht daran teilhaben. Es gab nur maskuline Vorbilder, vorwiegend männliche Professoren. Eine einzige Assistentin, die mich mit meiner Magisterarbeit  betreut hat, Ingeborg Bachmann als Thema, alle anderen haben signalisiert: Kein Interesse. Mein Doktorvater hat dann vorgeschlagen, dass ich die Doktorarbeit nach dem Magister über ein anderes Thema schreibe: Die Idee des Schicksals in der Literatur.Und ich habe ganz schnell verstanden, dass du als Frau an der Uni leicht kaputt gehen kannst, so wie viele, die ich gesehen habe, zu viel Alkohol, zu viel Nikotin, eingesperrt in ihren Bücherschrank und keine Karriere wirklich in Aussicht. Du verdienst nie richtig und wirst immer vertröstet, gerade als Frau. Bis zu 80% der Studierenden im Fach Germanistik sind Frauen und immer noch gibt es vielerorts nur  8-10% weibliche Professoren.

Saskia Schottelius gibt für die Karate-Kampfkunst ihre akademische Laufbahn auf und es stellt sich für sie im Laufe der nächsten zehn/zwanzig Jahre heraus, dass hinter der Kampfkunst eine sehr lebbare Philosophie steht, die weit über das hinausreicht, was viele unter Selbstverteidigung verstehenDarüber hat sie jetzt ihr Buch geschrieben. Darüber, dass es tatsächlich in jeder Situation im Leben möglich ist,

deinen eigenen Film zu drehen und Regie zu führen bei dem, was du machst. Du musst niemals Opfer deiner eigenen Struktur werden, um es mal negativ zu sagen. Mein Anliegen ist es, alles immer so zu formulieren, dass es nicht schöngeredet ist, aber aus der positiven Perspektive gedacht und dann ausgesprochen wird.

 

Positiv denken, sprechen und handeln, ihr heutiges Grundanliegen. Es klingt vielleicht ziemlich banal, doch der Weg will gegangen sein, bis das klar formuliert, gefühlt und täglich umgesetzt werden kann.

 

Saskia lernt in Bonn bei einer holländischen Trainerin, Drs. (NL) Marga Smit, einer Schülerin von Wendi Dragonfire aus den USA. Sie unterrichtet in der alten Turnhalle einer Schule jenes Shuri-ryu-Karate, das Saskia bei ihr lernt und bis heute im Wesentlichen beibehält.

 

Wendi Dragonfire lehrt in den USA und den Niederlanden bereits seit den 80er Jahren ihren feministischen Stil und bringt eine Menge Trainerinnen hervor, die sich für ein freies selbstbestimmtes Leben von Frauen einsetzen. Das geschieht zu einer Zeit, in der Frauen ihre Männer um Erlaubnis bitten müssen, wenn sie arbeiten gehen wollen, eine Wohnung mieten oder ein Konto eröffnen und in der kriegstraumatisierte, gewalttätige Männer ihre Frauen, oft junge Mütter, zugrunde richten.

 

Viele Frauen beginnen eine Kampfsportausbildung, nachdem sie eigene Gewalterfahrungen gemacht haben. Sie treibt der Wunsch, stark zu werden und sich verteidigen zu können. Das ist bei Saskia nicht anders. Doch sie findet über die Kampfkunst zu dem Aspekt, der sie schon lange auf ihrem Weg begleitet: das Persönlichkeitstraining.

 

Du lernst und du erlebst auf dem Weg deiner Kampfkunst oft erstmals, wie du mit dir selber umgehst in schwierigen Situationen. Zum Beispiel werden viele sehr schnell ungeduldig, wollen darüber reden oder irgendjemanden verantwortlich machen.  Aber das geht im Dojo nicht, du musst lernen, mit deiner Ungeduld und deinem Ehrgeiz irgendwie zurecht zu kommen. Du stößt ständig an deine eigenen Grenzen. Guckst dauernd in einen Spiegel. Du merkst, genauso wie du vielleicht mit deiner Partnerin im Training umgehst, gehst du  mit dir selber um. Du lernst ganz viele Dinge loszulassen. Du lernst über eigene Grenzen zu gehen und auch mal klar Stopp zu sagen, Haltung einzunehmen, Standpunkte zu beziehen. Das alles lernst du ausschließlich über Bewegung und schweigend.  Das ist der große Unterschied zu unserer verquasselten Gesellschaft, es geht viel tiefer.

 

Im Kölner Dojo

 

Auch mit dem sportlichen Aspekt und dem Persönlichkeitstraining erschöpft sich die Fundgrube Kampfkunst für Saskia noch nicht. Ihren dritten Ansatz bezeichnet Saskia selbst als ihre gewagteste These.

 

Der dritte Schritt ist das eigentliche Thema meines Buches, nämlich dass ich glaube, und das ist jetzt ein bisschen übertrieben und überspitzt formuliert: ich glaube, dass die Körperweisheit und das Körperwissen dem Intellekt überlegen sind. Und dass du über Körperwissen, das ohnehin schon in dir drin steckt, zu einer größeren Entfaltung deiner Persönlichkeit gelangst, als über Debatten, Diskussionen und den Konsum von Büchern und Bildung. Du erlebst und du lernst so etwas wie eine intuitive Weisheit. Und das ist noch etwas anderes, als Dinge zu wissen. Davon handelt mein Buch.

 

Diesen Ansatz versucht Saskia  über die rein körperliche Ebene im Training umzusetzen und sie bemerkt oft, dass das für viele ihrer Schülerinnen im Anfang noch gar nicht so spürbar ist.

 

Erst nach und nach merken einige, da komme ich jetzt an Grenzen, an andere Themen, die mich schon länger bewegen. Das, was ich in meinen Rhetorik-Kursen mache, steht damit in Verbindung. Es geht um Durchsetzungskraft, um Haltung, um Würde, um Selbstvertrauen. Klare Sprache sprechen, obwohl wir nicht sprechen. Aber auch Block und Konter sind eine klare Sprache, oder Weiterleiten und Reingehen sind eine Form, zu antworten. Es geht darum, sicher da zu stehen, viele Frauen sind wackelig. Sie merken im Training, ich kann ja gar nicht richtig auf einem Bein stehen. Und genau das tun sie auch im Leben. Sie entdecken plötzlich, wenn ich im Training übe, diesen schulterbreiten Stand leicht bewegt mit mir zu führen, dann habe ich auch im Alltag ein ganz anderes Auftreten.

 

Frauenpower in schwarz, das erlebt frau in den Trainingsstunden im Kölner Dojo. Wenn klare Grenzen gezogen und Block und Konter mitsamt dem dazugehörigen Schrei geübt werden.

In der Abschlussübung nach der Trainingsstunde wird es ruhig. Saskia kommt noch einmal auf den Punkt und möchte, dass Frauen sich selbst in positivem Licht sehen, ihre Bedürfnisse und Grenzen klar formulieren und auf dem Weg dahin trainieren, dass das Glas halb voll ist, nicht halb leer. Es gibt viele Wege in ein erfülltes Leben, aber unumgänglich ist es, an sich selbst zu glauben und sich selbst zu lieben.

Und ich glaube, wenn du lernst, wie bei uns im Training auch in der Abschlussrunde, entgegen allen Gewohnheiten, dich nicht! zu kritisieren, indem du sagst, ach meine Koordination ist heute besonders schlecht oder; das hab ich ja gar nicht verstanden; ich glaub die Namen lerne ich nie... Und stattdessen gezwungen zu sein, am Ende der Stunde etwas Positives über dich selbst zu sagen und das vielleicht das erste Mal im Raum klingen zu hören und es vielleicht am Anfang peinlich zu finden oder komisch  oder vielleicht gar nichts zu finden, weil du vielleicht gar nichts gesehen hast in der Stunde, was dir Positives an dir aufgefallen ist, dann kannst du das trainieren.

 

 

Kampfkunst als Entwicklungsweg und Kommunikationstraining, auch wenn frau die Halle längst verlassen hat, und für mehr Frauenenergie auf dem alltäglichen Weg eines selbsterfüllten Lebens:

Ich kann nicht das Negative in der Welt bekämpfen, das ist meiner Meinung nach nicht möglich, sondern das einzige was ich tun kann, ist, das Positive in der Welt so zu vergrößern, dass das Negative an Raum verliert.

Dem Positiven mehr Raum geben im Leben, dieses Anliegen nehme ich gerne mit nach der Probestunde im Dojo.

 

Interview mit Ebba Hagenberg-Miliu, General-Anzeiger Bonn am 26./27.9.15.